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Biermarken

Biermarken sind runde oder eckige, geprägte Plättchen mit einem Durchmesser von 2 bis 3cm. Noch vor dreißig Jahren waren sie unverzichtbarer Bestandteil fast jeden Wirtshauses und fast jeder Brauerei. Je nach ihrem Einsatzort dienten sie seit dem 19. Jahrhundert als Rechenhilfsmittel oder Gutschein.
Obwohl sie "Biermarken" heißen, haben sie also nichts mit den Markennamen von Bieren zu tun.
Heute findet man Biermarken nur noch selten, dafür aber an prominenten Orten, wie zum Beispiel dem Münchner Oktoberfest.

Farbe, Form und Material

Sie wurden zunächst aus Messing, später aus Aluminium und in jüngster Zeit dann aus Plastik hergestellt. Doch starb beispielsweise die Messingmarke nicht mit der Einführung der Aluminiummarke aus. So wurden manchmal auch Biermarken verschiedener Materialien nebeneinander verwendet. So berichtete Herr Bald vom Lohrer Spessartmuseum, dass in seiner Kindheit die Messingmünzen für einen Liter Bier stand und die Aluminiummarke für einen halben Liter. Auch in der Form unterscheiden sie sich die Marken. Generell sind runde und eckige Marken zu unterscheiden, wovon manche eine Lochung aufweisen. Eckige Marken hatten den Vorteil, dass sie sich im Geldbeutel von den runden Geldmünzen unterscheiden ließen. Gelochte Biermarken verwendeten große Brauereien als Gegenwert für den Haustrunk, der jedem Mitarbeiter zustand (und bis heute zusteht). Mit der Marke konnte eine bestimmte Menge Bier aus einem eigens aufgestellten Automaten bezogen werden.

Wie alt? Woher?

Seit wann es Biermarken gibt und wer sie eingeführt hat, ist unbekannt. Die älteste Biermarke, die der Münzsammler Herr Ankenbauer aus Schweinfurt kennt, stammt aus dem Jahre 1876.

Funktionen der Biermarken

Biermarken kamen an verschiedenen Orten zum Einsatz und zwar als Wertmarke, Pfandmarke oder als Gutschein.

Als Wertmarke wurde sie auf Volksfesten und in fast allen Gasthäusern Deutschlands mit Bedienungspersonal verwendet.

Die Handhabung der Biermarken war denkbar einfach: Zu Beginn ihrer Arbeit holte sich die Bedienung bei den Wirtsleuten ein bestimmtes Kontingent an Biermarken ab. Bestellten die Gäste Bier bei der Bedienung, kassierte diese bei ihnen ab und gab am Tresen dem Wirt die entsprechende Menge an Biermarken. Die Marken kamen entweder in eine so genannte Biermarkenkasse oder ganz schlicht in eine Schüssel, einen Bierkrug oder ein Zigarrenkästchen mit Schlitz im Deckel.

Ob die Bedienung dem Wirt die Marken zu Beginn ihrer Arbeit – zunächst von ihrem eigenen Geld – abkaufen musste oder erst am Ende des Arbeitstages mit dem Wirt abrechnete, war von Betrieb zu Betrieb verschieden. Im Brauerei-Gasthof Düll in Gnodstadt erhielten die Bedienungen zu Beginn des Arbeitstages je ein selbst genähtes Stoffsäckchen, in dem sich hundert abgezählte Biermarken befanden. An Abenden mit Tanzveranstaltungen waren die hundert Biermarken schnell aufgebraucht. In diesem Fall holte sich die Kellnerin ein neues Hunderter-Säckchen. Nach Arbeitsschluss rechnete man dann ab, wie viele Biermarken die Bedienung noch in ihrem Stoffbeutel und wie viele sie beim Wirt für das bestellte Bier abgegeben hatte. Den Wert der beim Wirt abgegebenen Marken beglich die Bedienung nun mit dem Geld, das sie im Laufe des Arbeitstages von den Gästen kassiert hatte. Die im Säckchen übrig gebliebenen Marken gab sie an den Wirt zurück.

Bei dieser Verfahrensweise hatte die Bedienung das Nachsehen, wenn sie vergaß, das Geld bei den Gästen abzukassieren.

In Brauereien verwendete man die Biermarken als Gutscheine. Von alters her hat jeder Mitarbeiter einer Brauerei Anspruch auf eine bestimmte Menge kostenfreies Bier, den so genannten Haustrunk. Marken in dieser Funktion hatten meist den Aufdruck "Haustrunk" und waren mit einer Nummer versehen, die dem jeweiligen Mitarbeiter zugeordnet war. Die Mitarbeiter der Brauerei erhielten monatlich eine bestimmte Summe an Haustrunkmarken steuerfrei zum eigenen Gebrauch.

Die Marken mussten im jeweiligen Monat aufgebraucht werden. Schaffte ein Mitarbeiter dies nicht, erhielt er im nächsten Monat nur noch so viele Marken, wie er im letzten Monat verbraucht hatte. Sein Verbrauch konnte anhand der aufgedruckten Nummern kontrolliert werden. Die Marken wurden entweder im betriebseigenen Braustüberl, an den Automaten in der Brauerei oder in den von der Brauerei belieferten Gasthäusern eingelöst. Allerdings schaffte es kaum ein Mitarbeiter, den gesamten Haustrunk selber zu konsumieren. Daher dienten die Marken als inoffizielle Währung, die bei der Nachbarschaftshilfe eingesetzt wurde. Man tauschte sie beim Gärtner gegen Gemüse oder beim Handwerker gegen kleine Dienstleistungen.

Rechtlich gesehen war und ist die Weitergabe des Haustrunks ‚zur Erlangung geldwerter Vorteile’ jedoch verboten und darf ausschließlich vom Brauereipersonal und den unmittelbaren Familienangehörigen verzehrt werden. Heute noch ist der Haustrunk Tarifbestandteil der Deutschen Brauwirtschaft und wird in allen Bundesländern in unterschiedlicher Menge pro Arbeitstag an die Beschäftigten abgegeben. Da diese Bierabgaben biersteuer- und umsatzsteuerfrei sind, gilt jede vom Tarifvertrag und Steuergesetzen abweichende Verwendung des Haustrunks als Steuerhinterziehung.

Der Wirt des Brauerei-Gasthofs Düll in Gnodstadt nahm in den 1950er/ 1960er Jahren zur Treibjagd ein Säckchen Marken mit aufs Feld. Jeder Treiber erhielt zum Abschluss zwei Biermarken, die er im Brauerei-Gasthof oder in einem vom Wirt belieferten Wirtshaus einlösen konnte.

Marken nicht nur für Bier

In den Sammlungen von Numismatikern befinden sich neben den Biermarken auch noch andere Wertmarken, etwa für Limonade und Wein.

Die Eismarken nutzte man nicht für Speiseeis, sondern für Stangeneis, das noch bis in die 1960er Jahre zur Kühlung gebraucht wurde. Eis von Seen und Flüssen aus den gefrorenen Wasserflächen gehackt oder gesägt. In Kitzingen am Main etwa waren Kitzinger Fischer und Maurer und Bauern mit der Arbeit des Eissägens beschäftigt. Für alle drei Berufsgruppen bedeutete der Lohn ein willkommenes Zubrot im Winter. Beim Eismachen herrschte eine strenge Arbeitsteilung. Die Fischer durften nur sägen, die Maurer nur verladen und die Bauern nur fahren. Die Brauerei bezahlte sie mit Geld, Freibier und Eismarken. Die Eismarken konnte man dann in der Brauerei gegen Eis eintauschen, das bis zur Erfindung des Kühlschranks noch dringend zur Kühlung gebraucht wurde. Ebenfalls Eismarken erhielt, wer von der Brauerei sein Bier bezog. Zu jedem Fass Bier gab es eine Eismarke gratis dazu. Hatte man keine Marke, kostete die Stange Eis 30 Pfennig.

Biermarken heute

Dem Biermarkensystem ein Ende setzte in den meisten Wirtshäusern die Registrierkasse. Sie nahm Schritt für Schritt in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute ihren Einzug in die Gasthäuser. Mit ihr entfielen aber auch die langen Sitzungen am Ende eines Arbeitstages, in der Wirt und Bedienung über der Abrechnung der Biermarken brüteten.

Obwohl es die Biermarken im alltäglichen Wirtshaus- und Brauereigebrauch nicht mehr gibt, ist sie auch heute noch nicht gänzlich „ausgestorben“. Das berühmteste Beispiel ihrer Nutzung ist das Münchner Oktoberfest, wo sie in den großen Festzelten genutzt wird. Die Bedienungen kaufen zu Beginn ihrer Schicht dem Festwirt Biermarken ab. Es gibt jedes Jahr andere Marken, so dass sie im nächsten Jahr nicht noch einmal verwendet werden können. Hinter der Schänke stehen zwei Personen, die die Marken entgegen nehmen und in ein Kästchen werfen. Dabei wird kontrolliert, ob die Bedienung auch wirklich die entsprechende Menge an Biermarken abgibt.

In der Münzprägeanstalt Poellath aus Schrobenhausen wurden die letzten Marken in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren gefertigt. Unter denen, die überlebt haben, befinden sich die Anstalten Lauer und Arld, die heute noch produzieren. Die Marken sind immer noch in allen drei Materialrichtungen Aluminium, Messing, Kunststoff erhältlich.
Quelle: Aufsatz von Susi-K. Reimann M.A.